Eiderstedt: Kölsche Jung hinterm DeichVon Bärbel Sommer01.04.2021, 16.26 Uhr Volker Böttcher steht hinter seinem Tresen Vor einem Jahr übernahm Volker Böttcher den Kirchspielkrug Westerhever Eiderstedt. Volker Böttcher ist in der wunderschönen Stadt am Rhein geboren, er ist ein „Kölsche Jung“. „Bevor es mich mit meiner Familie in den Norden zog, habe ich fast 20 Jahre lang einen Gastronomiebetrieb in Kerpen bei Köln geführt“, sagt der 43-jährige Gastronom. Nach über einem Jahr in Eiderstedt ist sein Willy-Millowitsch-Akzent unverkennbar – und dieser Mann strahlt zudem eine gewisse Fröhlichkeit aus, für die die Rheinländer bekannt sind. Sein Lächeln ist herzlich und seine Absicht ganz klar: „Ich möchte die Feriengäste und die Einheimischen hier oben im Norden verwöhnen, sie sollen sich bei uns im Haus wohl fühlen, sei es nun in den neu gestalteten Hotelzimmern oder bei einem richtig guten Essen im Restaurant“, so Böttcher. Es ist seine Berufung, ein guter Gastgeber zu sein: Kölner Charme – kombiniert mit nordfriesischer Gemütlichkeit – das funktioniert ausgezeichnet. Es war im Sommer 2018. „Meine Frau Steffi und ich waren uns einig, dass wir das stressige Großstadtleben spätestens dann hinter uns lassen wollen, wenn unsere Tochter Emma eingeschult wird“, so der Wahl-Eiderstedter. Sie hatten noch zwei Jahre Zeit und sich in aller Ruhe verschiedene Betriebe im Norden angeschaut. „Wir haben die letzten Jahre immer unseren Urlaub an der Nordsee verbracht und uns hier richtig wohlgefühlt. Da war es naheliegend, dass wir an die Küste ziehen“, verrät Steffi Böttcher. Es war reiner Zufall, dass sie zu einer Besichtigung nach Westerhever kamen. Dort wartete Familie Mahrt-Lippky, die das Landhotel seit dem Jahr 1953 erfolgreich betrieb und sich gern in den Ruhestand verabschieden wollte, auf einen soliden Nachfolger. Ende des Jahres 2019 wurde der Kaufvertrag unterschrieben – und Anfang 2020 eröffnete Familie Böttcher ihr Landhotel und Restaurant. „Die gute Lage des Hauses mit seiner traditionsreichen Geschichte haben es uns einfach angetan“, schwärmt Böttcher. Im Jahr 1682 wurde das Kirchspiel Westerhever erstmalig urkundlich erwähnt. „Wie lange es den Kirchspielkrug gibt, das wissen wir nicht. Aber ich nehme mal an, dass es hier immer eine Gaststätte gab für die Kirchenbesucher, die teils von weit her kamen, um den Gottesdienst am Sonntag zu besuchen und danach noch eine Stärkung brauchten“, so der Gastronom. Die evangelische St. Stephanus Kirche, gleich neben dem Kirchspielkrug, steht auf einer fünf Meter hohen Warft. Der Kirchturm stammt aus dem Jahr 1370 und ist somit der älteste Kirchturm auf der Halbinsel Eiderstedt. Böttcher freut sich sehr darüber, dass seine Eltern ihrem einzigen Sohn und den Enkelkindern Emma (7) und Jonas (5) nach Eiderstedt gefolgt sind und in Tönning ein neues Zuhause gefunden haben. Seine Tochter Anna-Lena (19) kommt regelmäßig zu Besuch. Im Kirchspielkrug Westerhever ist kulinarisch fast alles möglich. Frühstück, Mittag- und Abendessen und am Nachmittag gibt es frisch gebackenen Kuchen zum Kaffee, und auch die Kinder werden kulinarisch verwöhnt. Das natürlich erst wieder, wenn der Lockdown vorbei ist. Im Moment werden die leckeren Gerichte von zwei Köchen, die beide aus Nordfriesland stammen, nur am Wochenende und zum Mitnehmen gekocht. Auf der Speisekarte stehen zum Beispiel fangfrische Schollenfilets oder eine sanft geschmorte Lamm-Haxe. „Wir haben uns ganz bewusst für klassische Gerichte aus der Region entschieden“, sagt Böttcher und begründet das mit den kurzen Lieferwegen. „Bei uns kommen über 60 Prozent der Lebensmittel direkt aus der näheren Umgebung“, verrät Böttcher. Er ist mit seinem Betrieb Mitglied bei „Feinheimisch“, diese Vereinigung steht für qualitativ hochwertige Lebensmittel aus Schleswig-Holstein. Familie Böttcher hat ihren Lebensmittelpunkt aus dem Raum Köln in den „Echten Norden“ verlegt. Und sie haben es trotz der Schwierigkeiten mit dem Lockdown nicht bereut. „Wir hoffen sehr, dass wir zu Ostern wieder öffnen dürfen“, sagt der Gastronom mit ungewohnter Zaghaftigkeit. Dabei denkt er an seine erste Saison im Norden. „Letzten Sommer war hier wirklich viel los und das hat echt Spaß gemacht, jetzt geht uns so langsam die Puste aus, es wird Zeit, dass wieder Gäste in den Norden kommen dürfen.“ Obwohl an den Wochenenden in der Küche gearbeitet wird, wird im ganzen Haus fleißig renoviert. „Wir möchten das Haus ständig weiterentwickeln und modernisieren, dabei soll es seinen Charme behalten“, verspricht Böttcher. Sichtbarer Beleg dafür ist der neue, handgefertigte Tresen aus Eichenholz. Mit ihm wurde ein neuer Blickfang geschaffen, der sich richtig gut in das traditionsreiche Haus einfügt. Die Wände sind geschmückt mit Fotos aus dem Norden und auch die Mitglieder der Gemeindeversammlung, die sich regelmäßig im Kirchspielkrug treffen, werden sich dort wieder wohlfühlen, hofft Böttcher. Seine Familie ist angekommen im Norden – und sobald sie Zeit haben unternehmen sie etwas mit den Kindern. „Wir lieben die gemeinsamen Ausflüge“, so Böttcher. Und dann fühlen sich die Wahl-Eiderstedter für einen kurzen Moment wieder wie Urlauber im Norden, die staunend den Westküstenpark in St. Peter-Ording oder das Multimar Wattforum in Tönning besuchen. Text/Foto: Bärbel Sommer; Foto: Kirchspielkrug: Alexander Hartmann