Garding.

Was ist das für eine Freude, wenn Eiderstedter zu ihrem Geburtstag eine Liste geschenkt bekommen mit Ereignissen, die sich in ihrem Geburtsjahr in ihrer engeren Heimat abgespielt haben? Das geht ganz einfach, denn die Arbeitsgemeinschaft, die formal als Arbeitsgruppe der Volkshochschule geführt wird, verwahrt alle Ausgaben der Eiderstedter Nachrichten von 1864 bis 1945. Die Zeitung ist eine der zwei Vorläuferinnen des Eider-Kuriers, in dem Sie gerade lesen. Sie wurde herausgegeben von Heinrich Lühr und Jacob Dircks, die 1856 in Garding ihre Papierwarenhandlung gegründet und sie 1864 um eine Druckerei erweitert hatten. Die zweite Zeitung, in deren Tradition der Eider-Kurier erscheint, ist der einst von Boysen in Tönning herausgegebene Eider-Bote.

Heimat – ein Begriff, der gerade wieder intensiv neu definiert und diskutiert wird. Wie auch immer die eigene Einstellung dazu ist, vorrangig dürften Geburts- oder Wohnort so benannt werden. Kein Wunder also, dass im Vorjahr immerhin 250 Buten-Gardinger heimkehrten, um eine Weile miteinander zu feiern und dabei ihre Erinnerungen auszutauschen. So erinnert sich jeder eines Tages seiner Herkunft. Das ist eine der schönen Erfahrungen, die die Mitglieder der Heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft Stadt und Kirchspiel Garding im Laufe ihrer ehrenamtlichen Pflege des „Gedächtnisses“ der Region machen. Als Beispiel erzählt Peter Mölck, wie er zur AG gestoßen ist. Beruflich war er lange im Rheinland und ließ sich dorthin die von der AG jedes Jahr erstellte Zeitschrift „Dor is wat in de Klock“ zusenden.

2008 war es, erinnert er sich, da bekam er anlässlich eines Besuches im Archiv eines der Foto-Alben in die Hände. „Das ist Garding, wie du es noch kennst“, schoss es ihm durch den Kopf. „Von da an war ich Feuer und Flamme.“ Bis heute engagiert er sich in der AG. Und wie es ihm selbst ergangen ist, beobachtete er es immer wieder bei Besuchern. Ohne Ende sind seine Beispiele wie dieses: Eine Frau wollte wissen, wo der Petersen-Hof in Katharinenheerd ist. Dort sei sie geboren, sie wolle sich ihre Geburtsstätte anschauen. Andere ziehen neu in eine Straße und wollen sich mit der Historie ihrer Nachbarschaft beschäftigen.

Bernd Laue war der letzte hauptamtliche Bürgermeister der Mommsen-Stadt und wollte zeitlebens Geschichte studieren. Als er Rentner wurde, dachte er, nun könne er sich seinen Traum noch erfüllen. Doch die Unis platzen aus allen Nähten und für die silberhaarigen Gasthörer war kein Platz mehr. Seitdem stürzt er sich in die praktische Arbeit in dem Archiv – und hat immer seine helle Freude daran, wenn beispielsweise Angehörige Nachlässe vorbeibringen. Schon beginnt das Stöbern in Erinnerungen.

Doch Erinnerungen verblassen. Wer stirbt, nimmt sie womöglich mit ins Grab. Dabei wäre es so schön, wenn gerade ältere Mitbürger ihr solides Wissen über die Geschichte der Region zur Verfügung stellen. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft freuen sich über jeden neuen Mitstreiter. Auch wer sich nicht auf Dauer an das Ehrenamt binden möchte, ist herzlich willkommen. So werden jeden Dienstag von 10 bis 12 Uhr im Alten Rathaus Sprechstunden angeboten – eine Gelegenheit, einfach mal zu erzählen, an was man sich noch erinnern kann. Wer mag, kann seine Erinnerungen für das Mitteilungsblatt selbst aufschreiben, ansonsten kann er sie einem der Mitglieder erzählen, die das alles dann selbst in Worte fassen.

Jann Schmidt gehört ebenfalls zu der rührigen Gruppe, ist dort vor allem für die Pflege der Internetseiten verantwortlich. Dort finden sich übrigens alle Ausgaben von „Dor is wat in de Klock“ und aktuelle Berichte und Projekte. Auch Jann Schmidt kann sich gut vorstellen, dass vor allem ältere Mitbürger den Weg zur AG finden und aus ihrem Leben oder der Geschichte ihrer Heimatregion erzählen mögen. Nur durch aktives Mitgestalten lasse sich letztlich das Gedächtnis der Stadt und des Kirchspiels Garding auf Dauer erhalten.

Zur Zeit zählen sechs Aktive zum harten Kern der HAG. Sollten sich nicht bald Mitgestalter finden lassen, müsste die HAG die Arbeit einstellen mit der Folge, dass alle Archivarien anderweitig unterzubringen wären und damit vielleicht für die Öffentlichkeit und Recherchen nicht mehr zur Verfügung ständen. Zu den oben erwähnten ständigen Mitarbeitern gehören: Ann Marwig, Silke Laue und Gudrun Werner – für die Finanzen.

Text/Foto: Birger Bahlo