Zahl der Betroffenen nimmt ständig zu: Kreis sucht haupt- und ehrenamtliche rechtliche BetreuerVon Eider-Kurier19.01.2024, 11.25 UhrFoto: Kreis Nordfriesland v.l.: Landrat Florian Lorenzen, Christian Thoms, Janine Peisker-Dietz und Marion Bernhardi hoffen auf ein reges Interesse an der hauptamtlichen und ehrenamtlichen Betreuung. Foto: Kreis Nordfriesland Mehr als 2.700 Menschen im Kreis Nordfriesland sind aufgrund von Krankheit, Alter oder Behinderung nicht mehr in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Deshalb werden sie rechtlich betreut. Mehr als 2.700 Menschen im Kreis Nordfriesland sind aufgrund von Krankheit, Alter oder Behinderung nicht mehr in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln. Deshalb werden sie rechtlich betreut. »Die Zahl der Betroffenen nimmt ständig zu. Deshalb suchen wir dringend neue Betreuerinnen und Betreuer«, erläutert Landrat Florian Lorenzen. Rechtliche Betreuer leisten keine körperliche Pflege, sondern kümmern sich um organisatorische Dinge. Dazu gehören etwa die finanziellen Angelegenheiten der Betreuten, die Suche nach einem Seniorenheim oder der Kontakt mit einem Sozialzentrum, um einen Antrag auf Wohngeld oder Grundsicherung im Alter zu stellen. »Wir reden erst einmal mit dem betroffenen Menschen selbst. Nichts soll über seinen Kopf hinweg geschehen«, betont Marion Bernhardi. Sie leitet die Abteilung Soziale Betreuung und Beratung des Kreises Nordfriesland, zu der das Betreuungsamt gehört. Hält der Kreis eine Betreuung für erforderlich, schlägt er dem im Amtsgericht angesiedelten Betreuungsgericht im Rahmen der Sozialberichterstattung auch eine geeignete Person vor. Die Entscheidung, ob eine rechtliche Betreuung eingerichtet wird, trifft nicht der Kreis, sondern das Gericht. Es legt auch fest, für wie lange und für welche Lebensbereiche sie gilt, etwa für das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Vermögenssorge oder die Gesundheitssorge. Bedarf an Betreuern steigt rasant Sind die persönlichen Verhältnisse des Betreuten komplex, kommen Berufsbetreuer zum Einsatz. Sie sind häufig Juristen, Sozialpädagogen oder Sozialarbeiter, die ihren Lebensunterhalt ganz oder teilweise durch die Übernahme aufwendigerer Betreuungen verdienen. „Aber auch Angehörige ganz anderer Berufe kommen in Frage. Sie müssen dann nur einige gesetzlich vorgeschriebene Fortbildungsmodule durchlaufen, um das erforderliche Wissen zu erwerben“, berichtet Marion Bernhardi. Die 40 Berufsbetreuerinnen und -betreuer in Nordfriesland bearbeiten zurzeit rund 1.800 Fälle. „Doch der Bedarf steigt rasant“, erklären Janine Peisker-Dietz und Christian Thoms. Die Juristin und der Kaufmann für Versicherungen und Finanzen sind die Sprecher der nordfriesischen Berufsbetreuer und unterstützen den Kreis bei der Suche nach neuen Berufskollegen. „Die Aufgabe eignet sich ganz wunderbar etwa für Sozialpädagogen, die in der Rente noch etwas hinzuverdienen wollen. Oder für junge Anwälte, die noch nicht genügend Mandanten haben“, sagt Janine Peisker-Dietz. „Unter meinen Klienten sind zum Beispiel Suchtkranke oder Menschen mit psychischen Problemen, die ich zeitweise in eine Klinik einweisen lassen muss. Andere sind sehr vermögend, so dass die Verwaltung ihres Besitzes einigen Aufwand erfordert“, berichtet Christian Thoms aus der Praxis. Was ihn und seine Kollegin an ihrer Aufgabe reizt, ist vor allem der soziale Aspekt: „Wir wahren die Rechte von Menschen, die es nicht mehr selbst können. Wir setzen ihre Wünsche und Interessen um und helfen ihnen so, weiterhin selbstbestimmt zu leben“, sagt Thoms. Er hat sich für die freiberufliche Tätigkeit entschieden, um seine Arbeitszeit frei einteilen zu können und trotzdem ein planbares Einkommen zu erzielen. „Am Beginn unserer Tätigkeit steht ein Kennenlerngespräch. Nur wenn die Chemie zwischen Betreutem und Betreuer stimmt und beide einverstanden sind, richtet das Gericht die Betreuung ein“, unterstreicht Janine Peisker-Dietz. Husumer Verein bietet kostenloses Einführungsseminar an In weniger komplexen Fällen reicht oft eine ehrenamtliche Betreuung aus. Meist übernehmen Familienmitglieder die Aufgabe. In zweiter Linie kommen Freunde oder Nachbarn in Betracht. Ist auch hier niemand zu finden, wird ein Betreuer bestellt, der bisher in keiner Beziehung zum Betreuten stand. Je nach Aufgabengebiet müssen ehrenamtliche Betreuer mehr oder weniger Zeit investieren. Viele kommen mit rund zwei Stunden im Monat aus. Zu Beginn ist der Aufwand allerdings meist etwas höher, weil zunächst die grundlegenden Dinge geregelt werden müssen. Möglich sind auch feste Gesprächstermine zwischen Betreuer und Betreutem, etwa zweimal im Monat. Neue ehrenamtliche Betreuer werden vom Betreuungsamt und den beiden Betreuungsvereinen im Kreisgebiet über ihre Aufgaben informiert. Beide stehen den Ehrenamtlern auch danach stets mit fachlicher Beratung und Fortbildungsangeboten zur Seite. So bietet der in Husum ansässige Verein für Betreuung und Selbstbestimmung e. V. (vbs) am 22. und 23. März ein kostenloses Einführungsseminar an. Themen sind die gesetzlichen Grundlagen, aber auch die professionelle Haltung, die nötig ist, um eine an den Wünschen der Betroffenen orientierte rechtliche Vertretung leisten zu können. Wer sich für das Thema interessiert, kann sich telefonisch unter 04841 / 41 75 oder per E-Mail an info@vbs-nf.de anmelden. Für alle Nordfriesinnen und Nordfriesen hat Marion Bernhardi einen Tipp parat: In einer Betreuungsverfügung oder Vorsorgevollmacht kann jeder Volljährige beizeiten selbst festlegen, wer ihn im Falle eines Falles betreuen soll. Sie selbst steht allen, die sich vorstellen könnten, eine ehren- oder hauptamtliche Betreuung zu übernehmen, unter Tel. 04841 / 67361 oder E-Mail marion.bernhardi@nordfriesland.de gern für eine unverbindliche Beratung zur Verfügung. Auch Interessant: Streiks und Demonstrationen Schlechtes Zeugnis für die Regierung