„[dropcap size=small]E[/dropcap]s gibt Vieles, was uns verbindet – aber wir haben unterschiedliche Perspektiven.“ Dieses Fazit von Frank Ketter, Geschäftsführer der Nordsee-Tourismus-Service GmbH, traf den Punkt: Die Fachtagung „Naturerlebnis im touristischen Angebot“ bringt Naturschützer und Touristiker aus dem Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer zusammen, bietet umfassende Informationen aus beiden Bereichen Denkanstöße auch aus anderen Tourismusregionen. „Es ist doch spannend zu sehen, wie andere das machen und was wir daraus lernen können“, so Christiane Gätje, in der Tönninger Nationalparkverwaltung zuständig für den Bereich nachhaltiger Tourismus. „Das“ ist das zentrale Thema der alljährlichen Veranstaltung: nachhaltiger Tourismus in einer geschützten Naturlandschaft. Für erste Impulse sorgte die Staatssekretärin im schleswig-holsteinischen Umweltministerium Silke Schneider mit der Rede „Der Mensch und das (Watten)Meer“. Uwe Garrels, Bürgermeister der ostfriesischen Insel Langeoog, richtete einen Appell an seine Zuhörer: „Die Großartigkeit des Wattenmeeres zeigt sich im kleinsten Detail.“ Daraus für Besucher und Einheimische ein Bild zu formen, sei die zentrale Aufgabe des nachhaltigen Tourismus. Mit Staunen aufgenommen wurde der Vortrag von Leander Khil, ehemaliger Commerzbank-Praktikant im Wattenmeer-Nationalpark und heute als Biologe als einer von 16 Rangern in Österreich tätig – nicht etwa für die Nationalparkverwaltung am dortigen Neusiedler See, sondern für die in der Nähe angesiedelte „St. Martins Therme und Lodge“. Das Wellness-Hotel bietet Safaris in das Schutzgebiet, die ebenso hochklassig sind wie die 4*-Superior-Lodge selbst. Und findet ihr finanzstarkes Publikum: Das exklusive Haus mit 194 Zimmern und 14 Suiten verzeichnet den Angaben zufolge übers Jahr eine Auslastung von 70 Prozent, 20 Prozent der Hausgäste sowie eine Vielzahl externer Teilnehmer nutzen die individuellen Naturerlebnisangebote. Sind Konzepte dieser Art übertragbar auf die Nationalparkregion? „Da geht noch was, da geht noch viel mehr“, so das Credo des Tourismusberaters, Dozenten und laut Selbstbild „begeisterten Vogelguckers“ Kai Pagenkopf, der eine Studie zur Vogelbeobachtung im Wattenmeer vorstellte. Es sei die fantastische Vogelwelt, die wie kein anderer Aspekt die internationale Bedeutung des Weltnaturerbes Wattenmeer unterstreiche: „Damit kann man die Leute begeistern.“ Deutlich schwerer dagegen tut man sich offenbar in der Schweiz, wo in 666 Skigebieten 100.000 Hektar Pisten (davon die Hälfte künstlich beschneit) existieren. Angesichts solcher Tatsachen sei es „nicht gerade einfach, zu einer Kooperation zwischen Naturschutz und Tourismus zu kommen“, erklärte Dominik Siegrist von der Hochschule für Technik im schweizerischen Rapperswil. Nichtsdestotrotz wurden für die Alpen Qualitätsstandards für einen naturnahen Tourismus erarbeitet, unter anderem zu Aspekten wie Mobilität, regionale Wertschöpfung, Beherbergung und Verpflegung. Dass sich in Sachen nachhaltiger Tourismus an der schleswig-holsteinischen Westküste viel tut, zeigt unter anderem das von der Europäischen Union kofinanzierte Projekt PROWAD (Protect and Prosper Sustainable Tourism in the Wadden Sea – www.prowad.org ), dessen Ergebnisse Christiane Gätje vorstellte. Ein mittlerweile von allen Wattenmeer-Anrainerstaaten verabschiedetes Strategiepapier gehört dazu, zahlreiche Publikationen, eine Gästebefragung sowie diverse Medien. Eines davon, den animierten Film „Weltnaturerbe Wattenmeer – Ein einmaliges Erlebnis“, präsentierte Anja Szczesinski vom WWF. Er ist in vier Sprachen auf YouTube zu sehen. Abgerundet wurde das Tagungsprogramm durch den Bildervortrag „Wildnis im Nationalpark Wattenmeer“ des Biologen und Fotografen Martin Stock aus der Nationalparkverwaltung. Alle Vorträge stehen ab 9.November zum Download auf der Website www.nationalpark-wattenmeer.de/sh (Button „Vorträge Fachtagung“) bereit. Veranstalter des alljährlichen Treffens – des diesmal bereits 13. – ist die Nationalparkverwaltung gemeinsam mit der Nordsee-Tourismus-Service GmbH, Dithmarschen Tourismus, dem WWF und der Fachhochschule Westküste. Und das Interesse ist ungebrochen: Erneut waren mehr als 120 Interessierte der Einladung gefolgt. Zum Abschluss – und vor dem Hintergrund des zu Ende gehenden Jubiläumsjahres zum 30-jährigen Bestehen des Nationalparks – stießen Teilnehmer, Veranstalter und Referenten mit einem Glas Sekt auf den Geburtstag an. Naturschutz und Tourismus seien im Nationalpark Wattenmeer einen guten und erfolgreichen Weg gemeinsam gegangen, sagte der Leiter der Nationalparkverwaltung in seinem Toast auf den Geburtstag: „Ich wünsche dem Wattenmeer, dass auch in Zukunft immer genügend Menschen da sind, die sich für seinen nachhaltigen Schutz einsetzen.“ (Pressemitteilung LKN)